header

0
0

27.11.2015 von Bernd Buerschaper

Am ersten Advent beginnt die Weihnachtszeit. In vier Wochen, am Heiligen Abend, feiern wir Jesu Geburt. Für die Einen ist es ein Familienfest mit einigen freien Tagen und vielen Geschenken. Für die Anderen ist es ein besonderer Feiertag mit großer religiöser Bedeutung. Am 1. Advent wird in den evangelischen Kirchen stets ein Weihnachtslied (EKG Nr.12) gesungen. Der Text stammt von dem bekanntesten Liedschreiber den die evg. Kirche kennt: Paul Gerhardt (1607-1676). In diesem Lied stellt sich Paul Gerhardt selbst die entscheidende Frage: "Wie soll ich dich (Jesus) empfangen?"

 

Hören Sie hier einen Ausschnitt gesungen von Katrin Haag und erhältlich z.B. bei Amazon


X

Weihnachten 2015
Wie soll ich dich empfangen?

E-Mail-Adresse des Empfangers
(Mehrere Adressen durch Kommas trennen)

Ihre E-Mail-Addrese

Ihr Name(Optional)

Ihre Nachricht(Optional)

Sicherheitscode

CAPTCHA

Bitte geben sie hier den oben gezeigten Sicherheitscode ein.

Close

 

Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.

Paul Gerhardt lebte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Bereits damals feierte man das Weihnachtsfest mit Geschenken und Annehmlichkeiten. Doch von dieser Art Weihnachten zu feiern, löst sich Paul Gerhardt bereits in der 1. Strophe des Liedes, indem er die Frage stellt: "Wie soll ich Jesu Kommen feiern und wie soll ich Jesu gegenüber treten?". Für Paul Gerhardt ist Jesu selbst das Geschenk, um das es eigentlich geht. Für ihn, für seine Seele, ist Jesus ist geradezu eine Zier, ein kostbarer Schmuck, der so wertvoll ist, dass es scheinbar kein adäquates Äquivalent gibt. Deshalb bittet er Jesus: Setze mir die Fackel bei! Erleuchte mein Gewissen, das zu tun, das dir, Jesu, gefallen würde!

 


 

Dein Zion streut dir Palmen
und grüne Zweige hin,
und ich will dir in Psalmen,
ermuntern meinen Sinn.
Mein Herze soll dir grünen
in stetem Lob und Preis
und deinem Namen dienen,
so gut es kann und weiß.

"Dein Zion (Gott) streut dir Palmen und grüne Zweige hin." In dieser Liedzeile nimmt Paul Gerhardt Anleihe an eine Geschichte, die sich kurz vor Jesu Tod ereignet hat. Wir erinnern uns: Auf einem Esel reitet Jesu in Jerusalem ein. Und das Volk bereitet ihm einen triumphalen Empfang. Jubelnd legen sie Palmzweige und ihre Kleider, wie einen Teppich, auf den Weg vor ihm aus, um Jesu auf diese Weise die Ehre zu erweisen. An diese Art der Ehrerbietung erinnert sich Paul Gerhardt. Da er selbst nicht dergleichen tun kann, will er Jesu auf andere Weise "seinen Sinn ermuntern". In den Psalmen der Bibel sucht er danach, Jesu sein Innerstes zu öffnen. Was könnte das für ein Psalmen sein, denken wir? Vielleicht jener?

Der HERR ist König; des freue sich das Erdreich und seien fröhlich die Inseln, soviel ihrer sind. [...] Die Himmel verkündigen seine Gerechtigkeit, und alle Völker sehen seine Ehre. Schämen müssen sich alle, die den Bildern dienen und sich der Götzen rühmen. Betet ihn an, alle Götter! Zion hört es und ist froh; und die Töchter Juda's sind fröhlich, HERR, über dein Regiment. Denn du, HERR, bist der Höchste in allen Landen; du bist hoch erhöht über alle Götter. [Psalm 97]

In Freude und Dankbarkeit öffnet Paul Gerhardt sein Herz zum Lob und Dank. Und er schließt an, mein Herz soll dir, Jesus, dienen, so gut es das nur selbst vermag.

 


 

Ich lag in schweren Banden,
du kommst und machst mich los;
ich stand in Spott und Schanden,
du kommst und machst mich groß
und hebst mich hoch zu Ehren
und schenkst mir großes Gut,
das sich nicht lässt verzehren,
wie irdisch Reichtum tut.

Wenn Paul Gerhardt von "schweren Banden" spricht, dann weiß er wovon er redet. Die Kriegslast des Dreißigjährigen Krieges haben er und seine Familie am eigenen Leib zu spüren bekommen. Seine Frau und mehrere seiner Kinder starben in jungen Jahren. Er spricht von Spott und Schanden, die ihn ereilt hatten. Aber keine Vorwürfe oder Vorhaltungen sind von ihm zu hören. Seine Lebenserfahrung, die aus dem allen erwachsen ist, ist eine andere: "Du kommst und machst mich groß!" schreibt er. Und mehr noch: "Du hebst mich hoch zu Ehren und schenkst mir großes Gut". Paul Gerhardts Leben mag an Mangel nach irdischen Gütern (Wohlstand, Gesundheit, Familie, Anerkennung) leiden, aber um so mehr fühlt er sich reich an Gütern beschenkt, die imateriell sind und die sich deshalb nicht verbrauchen können. Es sind Güter, die immer Bestand haben und mit der Zeit sogar noch wachsen. Wie schön beschreibt Paul Gerhardt die völlig verkehrte Logik, die uns Gott und sein Sohn Jesu vermitteln!

 


 

Nichts, nichts hat dich getrieben
zu mir vom Himmelszelt
als das geliebte Lieben,
damit du alle Welt
in ihren tausend Plagen
und großen Jammerlast,
die kein Mund kann aussagen,
so fest umfangen hast.

Bevor Jesus, der Sohn Gottes, Mensch wurde, lebte er dort, was wir Menschen als Himmel bezeichnen. Das Wort Himmel steht hier als Metapher für das Licht. Da, wo Gott und seine Heerscharen wohnen, ist das Licht, das keine Dunkelheit zulässt. Dessen ist sich auch Paul Gerhardt bewusst. Er weiß: niemand hat Jesus aufgefordert, seine himmlische, ewige Wohnstätte zu verlassen. Vielmehr hat Jesus es aus eigenem Willen getan, in dem Wissen, dass nur er selbst das zerrüttete Verhältnis, das wir zu Gott, dem himmlischen Vater, haben, wieder in Ordnung zu bringen vermag. Welch schöne Worte findet Paul Gerhardt, um diese Geschehnisse von unendlicher Tragweite auf einfachste Art auszudrücken, so dass sie jeder Mensch verstehen kann? Lenin sagte einmal geringschätzig: "Religion ist Opium für das Volk." Wie recht er damit hatte. Wer einmal von Jesu Gnade und Liebe erfasst ist, kann nicht genug davon bekommen.

 


 

Ihr dürft euch nicht bemühen
noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen
mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen,
ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Not zu stillen,
die ihm an euch bewusst.

In der 5. Strophe hält Paul Gerhardt einen Rat für uns bereit. Damit Jesus auf euch aufmerksam wird und er für euch da sein kann, braucht ihr euch vorher nicht als würdig zu erweisen. Er kennt eure Lebensgeschichte von Mutterleibe an; er kennt euch besser als ihr euch selbst zu kennen vermagt. Jesus kommt aus eigenem Antrieb mit eigenem Willen zu euch. Es stellt für ihn keine Last dar, sich euer anzunehmen, wenn ihr es wollt. Und sein Kommen ist geprägt von Liebe und Lust. Welch wunderbare Wortkombination: Liebe und Lust!!! Und dann wird er eure Angst und Not stillen, so dass ihr Ruhe findet. Man könnte noch hinzu fügen: Am Ende des Lebens wird er euch den Platz im Himmel bereit halten. Dort, wo die Engel alle eure Tränen trocknen werden. Das seit Adam und Eva's Sündenfall vorbestimmte Leben, das mit Alter und Tod einhergeht, ist vorbei! Und etwas Neues, Unvorstellbares wird entstehen! Und das ist nur möglich, weil Jesus sich in seiner Liebe unser erbarmt hat. Seine Ankunft auf Erden feiern wir Weihnachten und jeden Tag darüber hinaus!