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... des eigenen Glückes Schmied ...

Lesedauer ca. 7 Minuten

Es gibt nicht wenige Menschen, die sind von sich und ihrer eigenen Lebensleistung fasziniert. Zufrieden schauen sie auf das, was sie durch ihre eigene Leistung und Kraft im Leben bisher erreicht haben. Ihr Motto lautet meist: "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!" Diesen Ratschlag verteilen sie auch gern weiter. Demut ist ihre Sache nicht. Wenn Gott auf uns schaut und unsere Lebensleistung analysiert, welche Maßstäbe wird er dann anlegen?

08.03.2017 von (C) Planet-Glauben


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Die Frage an die beiden Herren hätte entwaffnender nicht sein können.

"Ist jeder seines eigenen Glückes Schmied?"

Der Eine, Albert W., 75 Jahre alt, Professor und früherer Chef einer europaweiten Unternehmensberatung. Der Andere, Gunter R., 60 Jahre alt, Seefahrer und Möbelpacker, und jetzt krankheitsbedingter Frührentner.

"Ist jeder seines eigenen Glückes Schmied?"

Verschmitzt schaut der Unternehmensberater den Fragesteller an.

"Da bin ich nach wie vor der Auffassung. Ja!"

Der Möbelpacker und Frührentner antwortet auf dieselbe Frage:

"Wenn man weiß, wie man schmiedet, oder schmieden soll. Ja. Wenn man nicht weiß, was für Möglichkeiten es gibt, kommt das nicht so ganz hin."

Beide Antworten sind auf ihre Art entwaffnend. Die wenigen Worte geben einen ganzen Kosmos an Gedanken und Rückschlüssen frei.

Welche Antwort imponiert Ihnen?

Der 75 jährige Professor strahlt Selbstbewusstsein und Selbstzufriedenheit aus. Voller Stolz erzählt er über sein Leben. Es bewegt sich zwischen Vorlesungsraum an der Uni München, Skipiste und Weiterbildung (er lernt jetzt Mandarin). Den Tag beginnt er mit ein paar Runden Schwimmen im hauseigenen Pool. Danach stehen die Termine an. Seine Rente und Bezüge dürften im höheren vierstelligen Bereich liegen. Zwar sieht man auch ihm seine Jahre an. Aber die Begegnung mit der Jugend im Hörsaal und sein Fitnessdrang verleihen ihm dennoch eine gewisse Jugendlichkeit. Der ihm eigene Optimismus und seine ungebrochene Lebenslust tun ein übriges.

Mit derlei kann Gunter R., der Frührentner, nicht aufwarten. Schon der Start in sein Leben, vor 60 Jahren, war, na sagen wir einmal, suboptimal. Die Mutter war Alkoholikerin, der Stiefvater hatte kein Interesse an ihm. Gunter R. zeigt uns ein Foto mit ihm als kleinen Bub im Alter von fünf Jahren. Mit traurigem Gesicht steht er da, die Arme vor dem Bauch verschränkt. Seine Körpersprache verrät die ganze Situation des Jungen. Man möchte den Kleinen aus dem Bild herausschneiden, um ihn so vor allem Ungemach zu bewahren. Als er 16 Jahre alt ist, fährt der Stiefvater mit ihm zum Hamburger Hafen und lädt ihn auf einem Hochseeschiff ab. Von da an fristet er als Laufbursche auf dem Schiff sein Dasein. Für diesen Job braucht man keine Ausbildung, nur Kraft und Muskeln. Nach vielen Jahren Seefahrt sattelt er um. Er wird Möbelpacker. Jahrelang schleppt er Umzugskartons und Möbel. Treppauf und Treppab. Wir kennen solche Leute wie Gunter R.. Ihr Merkmal: sie schonen sich nicht. Sie arbeiten was der Körper her gibt, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber der Körper vergisst nichts. Jetzt, mit 60, ist er ausgepowert. Die Knie sind kaputt, der Rücken auch. Das Gesicht wirkt alt und verbraucht. Unter den Augen bilden sich dunkle Augenringe ab. Das Rauchen, die unregelmäßigen Arbeitszeiten, die jahrzehntelangen schweren Arbeitsbedingungen, die ganze Plackerei haben sich auf seinem Körper verewigt. Nun ist er frühverrentet. Er bekommt einen mittleren dreistelligen Betrag an Rente. Na, wir können es genau sagen: 600 € sind es. Das reicht nicht zum Leben. Deshalb geht er regelmäßig zur Tafel, um dort "aufzustocken".

Wie war noch einmal die Eingangsfrage?

"Ist jeder seines eigenen Glückes Schmied?"

Gunter R., der Möbelpacker aus unserer Geschichte, hat eine wunderbare Antwort mit hoher emotionaler Intelligenz gegeben:

"Wenn man weiß, wie man schmiedet, oder schmieden soll. Ja. Wenn man nicht weiß, was für Möglichkeiten es gibt, kommt das nicht so ganz hin."

Das sehen erfolgreiche Menschen meist anders. Für sie ist jeder seines eigenen Glückes Schmied. Sie sehen ihren Erfolg zuerst als Ergebnis der eigenen Mühen. Dazu gehören frühzeitiges, dauerhaftes Lernen, Weiterbildung, fremde Sprachen beherrschen, Netzwerke bilden, Ziele setzen und erreichen und, wo nötig, Ellenbogeneinsatz und Biss. Leider wird in der Öffentlichkeit nicht sichtbar, wieviele dabei ihre eigenen Erwartungen nicht erfüllen können.

Eigenes Mühen und eigener Fleiß, dazu Beharrlichkeit sind ohne Zweifel notwendige Zutaten, um "im Leben etwas zu erreichen", und um seinem Glück auf die Sprünge zu helfen. Aber letztendlich handelt es sich doch dabei nur um die Geringste aller Zutaten, die wir beisteuern können. Was aber ist, wenn man in einem traurigen Elternhaus aufwächst, wie so viele!? Wie sieht es mit Veranlagung und Genen aus, die wir geerbt haben? Haben wir Wegbegleiter, die uns auf unserem Lebensweg helfend zur Seite stehen? Abgesehen von tausend anderen Kleinigkeiten, die Einfluss haben. Von all diesen essentiellen Zutaten, die für ein gelingendes Leben wichtig sind, hatte Gunter R. kaum etwas mit auf den Weg bekommen. Niemand war da, der ihm als kleinen Jungen die Welt erklärte, der Interessen weckte und förderte, der Sicherheit und Selbstvertrauen ausstrahlte, der finanziellen und emotionalen Rückhalt gab. Niemand war da, der dem Jungen half, "... sein Glück zu schmieden".

Was der schneidige Unternehmensberater und Professor zusätzlich völlig ignoriert ist die Tatsache, dass niemand, wirklich niemand, sein Leben und Erfolg, respektive Glück planen kann. Die Wahrheit über die "Planung des Lebens" hat der berühmte russisch-sowjetische Schriftsteller Michail Bulgakow (1891-1940) in seinem Weltroman "Der Meister und Margarita" beschrieben. In einem philosophischen Dialog unterhalten sich der Teufel (Der Ausländer) und der Lyriker Besdomny (übersetzt "Der Heimatlose") über Kant's Gottesbeweis. Und dieses Gespräch endet mit einer süffisant, sarkastischen Einlassung des "Ausländers" über die Planungen des Lebens.

Darauf erwidert der Ausländer: »Aber jetzt beschäftigt mich eine Frage: Wenn es keinen Gott gibt, wer lenkt dann eigentlich das menschliche Leben und überhaupt den ganzen Ablauf auf der Erde?« »Der Mensch selber«, beeilte sich Besdomny ärgerlich diese nicht eben sehr klare Frage zu beantworten. »Entschuldigung«, antwortete der Unbekannte sanft, »um das alles zu lenken, bedarf es schließlich eines genauen Planes für einen halbwegs angemessenen Zeitraum. Gestatten Sie zu fragen, wie soll ein Mensch das alles lenken, wenn er nicht nur der Möglichkeit ermangelt, einen Plan selbst für eine so lächerliche Frist von, sagen wir, tausend Jahren aufzustellen, sondern auch nicht einmal sicher sein kann, was ihm selber der morgige Tag bringt? Wirklich« – der Unbekannte wandte sich Besdomny zu –, »stellen Sie sich vor, Sie zum Beispiel fangen nun an, sich und andere zu lenken und Anordnungen zu treffen, Sie kommen sozusagen auf den Geschmack, und plötzlich kriegen Sie … kch … kch … ein Lungensarkom …« Der Ausländer schmunzelte genüßlich, als bereite ihm der Gedanke an das Lungensarkom Vergnügen, »ja, ein Lungensarkom«, wiederholte er, wie ein Kater blinzelnd, das klangvolle Wort, »und schon ist es aus mit Ihrer Lenkerei! Kein fremdes Schicksal interessiert Sie mehr, nur noch Ihr eigenes. Ihre Angehörigen fangen an, Sie zu belügen. Da wittern Sie Unrat, laufen zu gelehrten Ärzten, dann zu Kurpfuschern und vielleicht auch zu Wahrsagerinnen. Wie das erste und zweite, so ist auch das dritte völlig sinnlos, das wissen Sie selber. Das Ganze endet tragisch: Der Mann, der noch vor kurzem etwas zu lenken wähnte, liegt plötzlich starr und steif in einer Holzkiste, und seine Umgebung, wohl wissend, daß nichts Vernünftiges mehr von ihm zu erwarten ist, verbrennt ihn im Ofen.

Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!

Christen zeichnet es aus, dass sie in dieser Angelegenheit demütiger sind. So sollte es wenigstens sein. Denn wir wissen es aus den Psalmen, dass unser Leben allein in Gottes Hand liegt. Ja, mehr noch. Wir legen unser Leben geradezu ausdrücklich in Gottes Hand, weil es uns da am besten aufgehoben erscheint. Auch kennen wir Noahs Aussage:

Gott JHWH hat's gegeben, Gott JHWH hat's genommen.

Noah, dieser gottesfürchtige Mann, der erst alles hatte, Gesundheit, Reichtum, Glück; der dann alles der Reihe nach verlor, um schließlich am Ende erneut von Gott reich beschenkt wurde.

Deshalb denken wir Christen völlig anders wenn es um den eigenen Erfolg und um die Frage geht, wie man sein Glück schmiedet.

In der zukünftigen Welt, wo Gott die Menschen mit einem neuen Herz und einem neuen Geist ausstattet, werden Unterschiede keine Rolle spielen. Dort wird es nicht heißen: mein Auto, mein Haus, mein Boot. Dort wird es heißen, die Ersten werden die letzten sein und die Letzten sind die Ersten. Gerade so, wie es uns das Gleichnis vom Weinbauern, das Jesus einmal erzählte, offeriert. Und auch das, wollen wir unbedingt noch einmal erzählen.

Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter anzuwerben für seinen Weinberg. Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg. Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere auf dem Markt müßig stehen und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist. Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe. Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da? Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand angeworben. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg. Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten. Da kamen, die um die elfte Stunde angeworben waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen. Als aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeder seinen Silbergroschen. Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben. Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen? Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir. Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du darum scheel, weil ich so gütig bin? So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

Matthäus 20, Vers 1-16

Das Gleichnis erzählt von der Gerechtigkeit Gottes, die völlig anders strukturiert ist als unser Begriff von Gerechtigkeit. Von dieser Logik und Gerechtigkeit wollen wir erzählen, dem Professor und Unternehemnsberater und dem traurigen, kraftlosen Möbelpacker. Dem Einen zur Nachdenklichkeit, dem Anderen zum Trost. Aber eines dürfen wir dabei nicht verschweigen. Gottes Liebe und Gerechtigkeit wird nur dann Wirklichkeit, wenn man Gott nicht beharrlich ignoriert.